Die Schlehe / Schwarzdorn lässt sich im Frühling ganz leicht an ihren weißen Blüten erkennen: Noch bevor das Laub der Schlehe austreibt, erscheinen die Blüten und hüllen den dichten Strauch in ein weißes Blütenmeer, das aussieht wie frisch gefallener Schnee. Für zahlreiche Insekten sind diese Blüten eine wertvolle Nektarquelle. Aber auch für den Menschen haben die winzigen Blüten im Frühjahr und die pflaumenblauen Früchte im Herbst eine heilende Wirkung. Die Schlehe wächst als dichte Hecke heran: So lässt sich mit diesen Pflanzen das Grundstück gut abgrenzen und gleichzeitig finden Vögel in der Hecke einen geeigneten Nistplatz.
Eine dichte Schlehenhecke verströmt im Frühjahr sanften Mandelduft
Bereits im zeitigen Frühjahr erscheinen die kleinen weißen Blüten der Schlehe, der auch Schlehdorn, Schwarzdorn oder lateinisch Prunus spinosa genannt wird. Erst eine ganze Weile nach der Blüte erscheint auch das Laub der Schlehe. Die Blüten haben fünf Blütenblätter in einem Durchmesser von ungefähr 1,5 Zentimetern. Sie erscheinen an den kurzen Trieben der Schlehe und bilden dichte Blütentrauben. Wenn die Schlehe blüht, dann weht ein leichter und angenehmer Duft nach Mandeln durch den Garten. In den Blüten wird reichlich Nektar gebildet, den sich die Insekten im Frühjahr gerne holen. Viele Schmetterlinge, wie beispielsweise das farbenprächtige Tagpfauenauge, nutzen den Nektar als eine hochwillkommene Nahrungsquelle. Es gibt einige gefährdete Insektenarten, die den Schwarzdorn beziehungsweise die Schlehe als Nahrungsquelle brauchen: Die Schlehe ist für Tiere einer der wichtigsten Sträucher. Es gibt Käfer, wie den sehr seltenen Goldglänzenden Rosenkäfer, der die Blütenblätter und die Pollen der Schlehe braucht, weil sie seine Nahrungsgrundlage bilden.
Der Schlehdorn, wie die Schlehe auch genannt wird, ist in allen Ländern Europas verbreitet, aber er kommt auch in Vorderasien, im Kaukasus und selbst in Nordafrika vor. Sogar in Nordamerika ist die Schlehe bereits als Einwanderer zu finden. Die Schlehe mag es sonnig und steht gerne am Rand von Wegen und Wäldern. Mit Schlehdorn lässt sich rund um Garten und Hof eine dichte Hecke pflanzen, die vielen Vögeln sichere Nistplätze und Insekten viel Nahrung bietet. Deswegen ist die Schlehe für Liebhaber von naturnahen Gärten ein idealer Strauch, der sich in der Gesellschaft von Weißdorn, Wildrosen, Haselnuss, Berberitze und Wacholder außerordentlich wohl fühlt. Die Schlehe bevorzugt kalkhaltige Böden, die durchaus steinig sein dürfen. Hier wächst die Schlehe dicht und üppig, ohne dass sie eine besondere Pflege braucht. Wer mag, kann die Schlehenhecke ein wenig mit der Heckenschere begradigen, doch auch ohne Schnitt bildet die Schlehe einen fast undurchdringlichen Zaun rund um den Garten, der bis zu drei Meter hoch werden kann.
Die Schlehe hat Dornen, weshalb die Nester der Singvögel in ihr gut vor den wildernden Hauskatzen geschützt sind. Der Neuntöter beispielsweise ist einer der Vögel, der vorzugsweise in einer dichten Schlehenhecke nistet und die Dornen der Schlehe als Vorratskammer nutzt, in dem er seine Beute daraufspießt. Somit bietet die Pflanze einen wertvollen Rückzugsort für Vögel aller Art. Bereits als rund um den Bodensee die Menschen in ihren Pfahlbauten lebten, kannten sie die Schlehen. In Sipplingen wurden beispielsweise Schlehenkerne entdeckt, die in der Mitte ein kleines Loch aufweisen. Möglicherweise waren sie auf eine Schnur aufgefädelt und wurden als schmückende Kette getragen. Botanisch verweist der lateinische Name der Schlehe: Prunus auf ihre Verwandtschaft hin. Die kleinen dunkelblauen Schlehenfrüchte sehen wie kleine Pflaumen aus. In der alten arabischen Antike und in der Medizin wird die Schlehe immer wieder lobend erwähnt, ebenso wie in den Kräuterbüchern aus dem Mittelalter.
Die Schlehe war schon immer eine magische Pflanze
Früher war die Schlehe eine derjenigen Pflanzen, mit deren Hilfe die Menschen sich das Wetter des kommenden Jahres und die Ernte vorhersagen ließen, wie alte Überlieferungen und Bauernregeln noch heute erzählen. So glaubten die Menschen, dass der nächste Winter besonders streng wird, wenn viele Früchte der Schlehen am Strauch wuchsen. Die Weiden für das wertvolle Vieh wurden im Mittelalter ebenso wie die Höfe dicht mit einer Hecke aus Schlehen bepflanzt. Das hielt nicht nur die wilden Tiere davon ab, sich ein Schaf oder Schwein zu holen, sondern die Menschen glaubten auch, dass sie von der Schlehe vor den Hexen geschützt würden. Ebenso achteten die Menschen damals genau auf den Beginn der Schlehenblüte: So viele Tage, die zwischen der ersten Schlehenblüte und dem Georgi-Tag, dem 23. April, lagen, so viele Tage würde das Getreide reifen müssen, bis es geerntet werden konnte. Das geschah damals zumeist um den Jakobi-Tag herum, das ist der Namenstag des Apostels Jakobus, der noch heute am 25. Juli gefeiert wird.
Wie beliebt der Schlehdorn oder die Schlehe schon immer war, das zeigen auch die zahlreichen Legenden, die sich rund um den Strauch ranken: So behauptete man einst, dass die Dornenkrone von Jesus aus den Zweigen der Schlehe geflochten sei. Gott schüttete daraufhin nachts unzählige kleine weiße Blüten über der Schlehe aus und offenbarte auf diese Weise die Unschuld des Strauches. Die Menschen des Mittelalters gewannen aus der schwarzen Rinde der Schlehe Tinte. Sie klopften die Rinde von den Zweigen und legten diese für drei Tage lang in Wasser ein. Anschließend wurde das Wasser in einem Topf aufgekocht und wieder über die Rinde gegossen, so lange, bis die Rinde völlig ausgelaugt war. Mit etwas Wein versetzt wurde diese Flüssigkeit so lange eingekocht, bis eine dunkle Tinte daraus entstanden war. Noch in den mittelalterlichen Skriptorien verwendeten die Mönche die Dornentinte. Leider ist diese Tinte nicht sonderlich lichtbeständig und geriet aus diesem Grund wohl etwas in Vergessenheit. Die Blätter der Schlehe wurden manchmal auch als Ersatz für Tabak verwendet.
Mit der Schlehe verbanden die Menschen in früheren Zeiten Glück ebenso wie Unglück, die hellen Seiten des Lebens ebenso wie die dunklen. Mit ihren leuchtend weißen Blüten im zeitigen Frühjahr, wenn die Schlehe als einer der ersten Sträucher blüht, weckt sie die Hoffnung der Menschen und verspricht den Beginn eines neuen Frühlings. Die schwarze Rinde, welche im Herbst sichtbar wird, wenn das ganze Laub der Schlehe abgefallen ist, trotzt dem kalten Wetter, ganz so, als könne ihr nichts Böses etwas anhaben. Aus diesem Grund glaubten die Menschen damals daran, dass sie durch eine Hecke aus Schlehen vor bösen Hexen geschützt werden könnten. Die Dornen der Schlehe trugen ebenfalls zum Schutz von Mensch und Tier bei. Ein Schlehenbusch sollte Haus und Hof vor dem Blitzschlag ebenso schützen, wie die Bewohner darin vor Krankheiten bewahren. Wer sich bei einer Wanderung auf einen Stock aus Schlehenholz stützte, von dem hielten sich alle bösen Geister im Wald fern. Ein weitaus praktischeren Nutzen sollte die Schlehe als Hecke gesetzt im Zusamenspiel mit dem Weißdorn ergeben. Diese Kombination stellte immer schon einen guten Schutz gegen Schneeverwehungen dar. Ein Grund, warum die Schlehe in Norddeutschland so häufig auf Knicks zu sehen ist.
Die besondere Heilkraft der Schlehe
Die Früchte der Schlehe, auch Schwarzdorn oder Schlehdorn genannt, sind von einem leicht herben und sauren Geschmack. Sie werden erst geerntet, wenn sie den ersten Frost am Strauch erlebt haben: Denn erst durch diese Kälte werden die Gerbstoffe, die den herben Geschmack verursachen, ein wenig gemildert. Die stahlblauen Früchte haben einen leichten Überzug, der wie Reif aussieht. In den Früchten der Schlehe ist neben dem Gerbstoff auch viel Vitamin-C enthalten. Zwar enthalten die Samenkerne der Früchte, die wie kleine Pflaumen aussehen, einen geringen Anteil an Blausäure, da die Kerne jedoch nicht verletzt werden, wird die Säure nicht freigesetzt. Ab Oktober lassen sich die Schlehen ernten, sobald der erste Frost über sie gezogen ist. Die Früchten lassen sich zu Likör und Marmelade, aber auch zu Chutneys, Kompott, Saft, Schlehenschnaps und den bekannten Rumtopf verarbeiten.
Die Früchte der Schlehe schützten das Immunsystem der Menschen bereits in der Steinzeit und im Mittelalter. Die Beeren der Schlehe werden allerdings erst geerntet, wenn sie bereits einmal Frost erlebt haben. Denn der Frost neutralisiert die Gerb- und Bitterstoffe der Früchte. Sollte einmal kein Frost zu erwarten sein, können die Beeren auch eingefroren werden und man erhält den selben Effekt. Hildegard von Bingen schrieb einst über den Schlehdorn, dass man die Frucht des Strauches mit Honig gesüsst essen solle, damit die Gicht aus den Gliedern weiche. Menschen mit einem schwachen Magen sollten die Schlehen in Wasser kochen und ebenfalls oft essen, damit der Magen kräftiger werde. Hildegard wusste bereits, wie wertvoll die Schlehe für den Menschen ist. Denn ihre Früchte enthalten neben den Gerbsäuren, die für den herben Geschmack verantwortlich sind, auch Fruchtsäuren, Vitamin-C und Mineralien. Wen im Winter eine Erkältung plagt, dem helfen getrocknete Schlehen bei der Rekonvaleszenz. Bereits die Bewohner der Pfahlbauten am Bodensee knabberten Schlehenfrüchte, wenn es weder frisches Obst noch andere vitaminreiche Kost gab. Bei Ausgrabungen wurden immer wieder zahlreiche Schlehenkerne gefunden, die verrieten, was die Menschen damals gerne aßen. Auch Ötzi hatte in seinem Beutel einen Vorrat an Schlehen dabei, als er sich auf seinen Weg durch die Alpen begab.
Früher wussten die Menschen: Wer die ersten drei Blüten einer Schlehe isst, der bleibt das ganze Jahr über vom Fieber verschont. Tatsächlich enthalten auch die Blüten der Schlehe Inhaltsstoffe, welche vor Erkältungen schützen und Energien liefern. Die Fachleute sagen Radikalenfänger zu diesen Inhaltsstoffen, zu denen beispielsweise Flavonoide zählen, die dafür sorgen, dass man bei Fieber schwitzt, wenn man Tee aus Schlehenblüten trinkt. Daneben sorgt ein Tee aus den Blüten der Schlehe für eine Blutreinigung, stärkt den Magen und regt die Verdauung an. Auch der Pfarrer Sebastian Kneipp bezeichnet die Blüten der Schlehe als das harmloseste Abführmittel, welches es gebe. Besonders bei Menschen, die sich bereits an andere Mittel zum Abführen gewöhnt haben, wirkt ein Tee aus Schlehenblüten zwar mild, aber trotzdem nachhaltig. Die Schlehe bringt einfach den müden Körper wieder in frischen Schwung. Auch gegen rheumatische Krankheiten, ebenso wie gegen Gicht, wird ein Tee aus frischen Schlehenblüten empfohlen.
Die Schlehe, dank ihrer schwarzen Rinde auch Schleh- oder Schwarzdorn genannt, ist ein Strauch, der bis zu drei Meter hoch wachsen kann. Die Pflanze kann sich auch als Kleinbaum entwickeln, besonders wenn der Mensch sie so erzieht. Dann erreicht sie eine Höhe von 3 bis 5 Metern, wächst aber meist sparrig verzweigt. Die weißen Blüten erscheinen noch vor den Blättern und verzaubern den Garten im Frühjahr. Die Schlehe bildet eine natürliche und dichte Hecke aus, die nur langsam wächst und deswegen auch nur wenig Pflege benötigt. Für Bienen und Schmetterlinge sind die Blüten der Schlehe eine wichtige Nahrungsquelle. Wenn die Schlehe blüht, dann weht ein leichter Mandelduft durch den frühlingsfrischen Garten. Den Sommer über bietet sie den Vögeln Schutz beim Brüten und der Aufzucht der Kleinen. Im Herbst wachsen dann die dunkelblauen Schlehen aus den Blüten, die sich zu vielerlei verarbeiten lassen oder am Strauch als Winterfutter für die Vögel bleiben können.