Diese beliebte Zierpflanze ruft schieres Erstaunen hervor. Dazu tragen sowohl ihr Wuchsverhalten als ihr Laubwerk bei: Sie ist eine wahre Kletterkünstlerin, die es versteht, selbst in schwindelerregenden Höhenlagen triste Hausfassaden und unansehnliche Masten innerhalb extrem kurzer Zeit optisch zu einem berauschenden Feuerwerk zu gestalten. Während sich ihr sattgrünes Laubkleid bis in den Spätsommer mit seinem grünen Mantel um sämtliche Objekte hüllt, verzaubert es in den Herbstmonaten auf besondere Art und Weise. Dann nimmt es glühende Orange- und Rottöne an, die aufregende Effekte erzeugen. Darüber hinaus überzeugt der Wilde Wein mit seinen zierenden Beerenfrüchten und seinem äußerst schnittverträglichen Charakter.
Lange Zeit versteckt, schlussendlich doch entdeckt
Der Wildewein kann sich in die Pflanzenfamilie der Weinrebengewächse einordnen und stellt eine Wildform der Kulturrebe dar. Er trägt in der Botanik den Namen Parthenocissus quinquefolia, der sich auf die Form seiner Blätter bezieht. 'Quinquefolia' bedeutet dabei so viel wie 'fünf Blätter'. Diese Pflanze besitzt jedoch nicht nur fünf Blätter, sondern ihre Blätter sind 5-lappig. Ein einzelnes Blatt setzt sich also aus 5 Blattspitzen zusammen, die an ihrer Basis miteinander verbunden sind und somit ein ganzes Blatt formen.
Seine ursprüngliche Heimat findet der Wilde Wein in Nordamerika vor. Dort ist er vor allem im Osten vorzufinden und wächst bevorzugt in lichten Wäldern, an Waldrändern und in Heckenbereichen zu. Hüllt dabei gern ganze Sträucher und Bäume mit seinem Laubwerk ein. Diese Pflanze wurde jedoch nicht nur in Nordamerika in seiner wilden Form entdeckt, sondern schon einige Male in Ostasien wie zum Beispiel in der Nähe des Himalaya. Im Jahre 1622 wurde sie aus Nordamerika in Europa eingeführt und nach und nach auf dem Markt vertrieben. Heute ist bekannt, dass dieses sommergrüne Gewächs weit über 50 Jahre alt werden kann, äußerst frosthart und robust ist und sich zwar ebenso ohne Kletterhilfe in die Höhe begeben kann, jedoch jede Kletterhilfe dankbar annimmt, um noch zielstrebiger die Fläche zu begrünen.
Wo ein Wille ist, da ist ein Weg
In einem rasanten Tempo erobert sich der Wilde Wein sein Territorium, das er meist gar nicht gegen Konkurrenten verteidigen muss. Es gibt nicht viele andere Pflanzen, die es schaffen sich mit oder ohne Kletterhilfe in solch eine Höhe zu ziehen. Auch wenn der Wildewein dafür bekannt ist, gut an Objekten emporzuklimmen, kann er durchaus an ihnen hinunterklettern wie beispielsweise an einem Balkon. Doch wie schnell ist nun diese Kletterpflanze? Sie kann pro Jahr unter optimalen Bedingungen beeindruckende bis zu 3 Meter an Größe dazugewinnen.
Das Wuchsverhalten kann dabei generell als senkrecht aufstrebend, stark verzweigt, buschig und kletternd beschrieben werden. Mit der Zeit erreicht Parthenocissus quinquefolia an optimalen Standorten dann eine Breite zwischen 1 und 2 Metern und eine Höhe bis zu unglaublichen 40 Metern. Im Durchschnitt liegt die Wuchshöhe eher bei 15 Metern, abhängig von der Fläche die berankt wird, sodass der Gärtner keine Befürchtung haben muss, eine Arte Zauberbohne in den Garten zu setzen. An diesen Maßen wird ersichtlich, dass die Pflanze kaum in die Breite wächst, sondern es vorzieht, sich zielstrebig in die Höhe zu ranken. Insgesamt wird der Wuchs kräftig und dennoch locker sowie oft schleppenartig überhängend, kurzum: attraktiv.
Während sich ihre fleischigen Wurzeln im Erdreich ausreichend Platz verschaffen und gern tief und stark verzweigt in den Boden hineinragen, gehen an der Oberfläche die dünnen, langen und im Herbst rotgefärbten Triebe hervor. Sie verholzen mit der Zeit, wobei ihre Borke längsfaserig ist. An ihnen befinden sich zahlreiche Ranken, die mit Haftscheiben besetzt sind. Die Haftscheiben verschaffen sich überall und auf Glas guten Halt. Im Alter entwickeln sich beim Wilden Wein oft so genannte Haftwurzeln. Allgemein gilt bei ihrem Wuchs: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.
Mit den Trieben sind zahlreiche Blätter verbunden. Sie sitzen an langen Stielen und sind wechselständig angeordnet. Jedes einzelne Blatt ist 5-lappig, lanzettlich bis eiförmig, zum Ende hin harmonisch zugespitzt und am Rand ungleichmäßig gezahnt. Mit einer Länge bis zu 10 Zentimetern werden sie relativ groß. Dabei bestechen sie mit ihren beeindruckenden Farben. Ihr Austrieb im Mai ist rostrot, im Sommer weisen sie eine mittelgrüne Farbe an der Oberseite und eine weißlich grüne Farbe an der Unterseite auf. Von September bis Oktober verwandelt sich ihre Laubfarbe in ein Orangerot bis Blutrot. Wenn der Wilde Wein im Schatten gedeiht, wird sein Laub weniger rötlich, sondern nimmt im Herbst eher einen gelblichen Farbton an. Gegen Ende Oktober wird das Laubwerk dann nach und nach abgeworfen, da sich die Pflanze in ihre Winterruhe begibt, um neue Kräfte für das kommende Frühjahr zu sammeln und dann wieder in ganzer Pracht erstrahlen zu können.
Frohlockend und dekorativ
Zwischen Juni und Juli findet die Blütezeit von Parthenocissus quinquefolia statt. Viele winzigkleine Einzelblüten sind in Trugdolden, die sich achsel- oder engständig an den Trieben befinden, zusammengefasst. Sie stehen locker und rispig und wirken relativ unscheinbar mit ihrer grünweißlichen Farbe. Auch wenn sie vom Menschen nur aus nächster Nähe ersichtlich sind, werden sie gern von Bienen und anderen Insekten aufgesucht, denn die Blüten halten jede Menge Nektar bereit. Aus ihnen bilden sich dann im Spätsommer die Beerenfrüchte.
Diese sind zunächst grünlich und weisen bei Vollreife eine dunkelblauviolette Farbe auf. Sie werden zwischen 5 und 7 Millimeter groß, berühren sich nicht, sind kugelrund bis leicht elliptisch geformt und an der Außenschale glatt. Im Inneren befinden sich meist drei winzige rundlich bis herzförmige Samen. Die Früchte besitzen einen sauren bis leicht süßen Geschmack. Sie enthalten relativ viel Oxalsäure und sollten daher nicht vom Menschen verspeist werden. Vögel hingegen können sie bedenkenlos fressen und suchen das Gewächs gern auf, um ihren Hunger im Herbst zu stillen. Daneben stellen die Vögel nicht nur eine beliebte Nahrungsquelle für Vögel dar, sondern ein wertvolles Zierelement, das oft bis in den Winter hinein an den roten Stielen zu bewundern ist.
Eine Wohlfühloase für den Wilden Wein
Um viele Jahre am Wuchs und dem attraktivem Antlitz des Wilden Weins Gefallen zu finden, ist es notwendig, der Pflanze einen geeigneten Standort zu schenken. Allgemein ist sie diesbezüglich anspruchslos und kommt sowohl mit einem sonnigen, sowie mit einem halbschattigen Standort bestens zurecht. Sie kann in den Schatten gepflanzt werden. Dort entwickeln sich ihre Herbstfarben jedoch weniger ins Rot, sondern mehr ins Gelb und sind weniger intensiv. Sie ist windfest, gut frosthart, liebt die Wärme und verträgt ein Stadtklima ausgezeichnet.
Doch für welche Bereiche eignet sie sich ideal? Sie kann zum Beispiel für Sichtschutzzäune verwendet werden und ist daran das ganze Jahr über dekorativ. Des Weiteren eignet sie sich gut für unansehnliche Wände und Mauern, Masten, Hausfassaden, Lauben, Schuppen und Pergolen. Dabei kommt sie als Einzelpflanze oder in Gruppen hervorragend zur Geltung. Ihr Vorteil ist dabei nicht nur ihre Optik, sondern ebenso, dass sie isolierend wirkt: im Sommer hält sie Häuser mit ihrem Blattwerk kühl.
An den Boden stellt der Parthenocissus quinquefolia ebenso wie an die Lage nur geringe Ansprüche. Am liebsten gedeiht er auf einem tiefgründigen, lockeren und gut durchlässigen Boden. Ein solcher Boden verhindert, dass sich Staunässe ansammelt, die dem Wurzelwerk schaden kann. Weiterhin würde der Pflanze ein basenreicher bzw. kalkhaltiger Boden zugute kommen. Notfalls kann der Boden allerdings sauer sein. Ferner legt sie Wert auf eine nährstoffreiche, leicht sandige bis stark lehmig oder tonige Erde. Diese sollte im Idealfall frisch bis feucht sein und insbesondere im Sommer nicht austrocknen.
Weniger wild, sondern leicht zu zähmen
Beim Anpflanzen und beim Vermehren des Wilden Weins sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich. Grundsätzlich gilt es darauf zu achten, der Pflanze genügend Platz zur Verfügung zu stellen. Wenn mehrere Exemplare dieser Pflanze angepflanzt werden, sollte zwischen ihnen ein Abstand von mindestens 2 Metern eingehalten werden, damit sie sich später in ihrem Wuchsverhalten nicht gegenseitig behindern und womöglich Nährstoffe rauben. Bei Jungpflanzen ist es dann ratsam, sie anfangs hochzubinden, bis sie schließlich selbstständig klettern können und ausreichend Haftscheiben entwickelt haben. Gerade solche jungen Exemplare sind dankbar für jede Art der Kletterhilfe, später erklimmt dieses Gewächs nahezu jede Fläche ohne weitere Hilfe. Außerdem ist es im ersten Winter empfehlenswert, die Jungpflanze mit einem Winterschutz zu versehen. Zum Vermehren einer gesunden Mutterpflanze eignen sich sowohl Samen als auch Stecklinge gut.
Auch wenn der Name der Pflanze den Begriff 'wild' enthält, so ist ihr Charakter nicht wirklich als wild zu beschreiben. Ganz im Gegenteil: Der Parthenocissus quinquefolia ist leicht zu zähmen und pflegeleicht. Gegossen werden muss er nur in Trockenzeiten im Sommer. Düngen ist nicht unbedingt erforderlich, jedoch empfehlenswert, um den Wuchs kräftig und das Erscheinungsbild ansehnlich zu erhalten. Ansonsten ist ebenso ein Rückschnitt nur notwendig, wenn das Gewächs beispielsweise Fenster, Dachrinnen und Eingänge überwuchert oder es aus der Form geraten ist. Der Schnitt kann dabei im Sommer und im Winter je nach Bedarf vorgenommen werden. Dabei nimmt die Pflanze jede Schnittform gern an.
Der Wilde Wein stellt nicht ohne Grund eine der beliebtesten Kletterpflanzen dar. Er bildet während seines schnellen und kräftigen Wuchses eine äußerst attraktive Blattform aus. Äußerst gut an Hausfassaden und Pergolen wirkt sein Antlitz malerisch, denn er entwickelt ein dickes Polster, dass im Frühjahr rötlich und im Sommer grünlich erscheint und im Herbst in einem spektakulären Feuerrot leuchtet. Doch es ist nicht nur sein Laubwerk, das überzeugt. Ebenso schmückend sind seine blau bereiften Beerenfrüchte, die oft bis in den Winter hinein an den roten Trieben zu bestaunen sind und eine begehrte Nahrungsquelle für Vögel darstellen.